Oft müssen sich die Gerichte mit den Voraussetzungen für einen Investitionsabzugsbetrag (IAB nach § 7g Einkommensteuergesetz [EStG]) beschäftigen. Jüngst haben es zwei Verfahren (Vorinstanz: Finanzgericht (FG) Niedersachsen) mit dieser Frage bis vor den Bundesfinanzhof (BFH) geschafft: Ist für die Gewinngrenze der Steuerbilanzgewinn oder ein um außerbilanzielle Effekte (wie nichtabziehbare Betriebsausgaben sowie einkommensteuerfreie Einnahmen) korrigierter Gewinn relevant?
Gewinngrenze von 200.000 Euro
Hintergrund: Für die künftige (Investitionszeitraum von drei Jahren) Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens (beispielsweise Maschinen) können bis zu 50 % der voraussichtlichen Anschaffungs-/Herstellungskosten gewinnmindernd abgezogen werden. Da der Gesetzgeber durch diese Steuerstundungsmöglichkeit vor allem Investitionen von kleinen und mittleren Betrieben erleichtern will, darf der Gewinn 200.000 Euro nicht überschreiten.
Das war geschehen
In einem Fall des FG Niedersachsen betrug der Bilanzgewinn 189.821 Euro und lag damit unter der (in § 7g EStG normierten) Grenze von 200.000 Euro. Dennoch versagte das Finanzamt die Bildung eines IAB, da es nach der Hinzurechnung der Gewerbesteuer (vgl. hierzu § 4 Abs. 5b EStG) von 25.722 Euro auf einen über dem Grenzbetrag liegenden Gewinn von 215.543 Euro kam.
Unterschiedliche Sichtweisen
Die Frage, wie der Gewinn (nach § 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Buchst. b EstG) zu ermitteln ist, ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Hierzu werden (vereinfacht) zwei Meinungen vertreten:
Bundesfinanzministerium: keine Berücksichtigung von Abzügen und Hinzurechnungen
Für das Bundesfinanzministerium (BMF) ist Gewinn der Betrag, der ohne Berücksichtigung von Abzügen und Hinzurechnungen (gemäß § 7g Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 EstG) der Besteuerung zugrunde zu legen ist; außerbilanzielle Korrekturen der Steuerbilanz sowie Hinzu-/Abrechnungen bei der Einnahmen-Überschussrechnung sind zu berücksichtigen.
Gegenteilige Position: allein steuerbilanzieller Gewinn „zählt“
Teile des Schrifttums vertreten indes die Position, dass allein auf den steuerbilanziellen Gewinn abzustellen ist, was im Streitfall zu einem günstigeren Ergebnis führen würde. Auch für das FG Baden-Württemberg ist der Steuerbilanzgewinn relevant – und nicht der Gewinn i. S. des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG. Eine Korrektur um außerbilanzielle Positionen findet nicht statt.
Beachten Sie | Das FG Niedersachsen hat sich der Ansicht des BMF angeschlossen. Weil hiergegen die Revision anhängig ist, können Steuerpflichtige in geeigneten Fällen Einspruch einlegen.
Quelle | FG Niedersachsen, Urteile vom 9.5.2023, 2 K 202/22, Rev. BFH: X R 16/23 und 2 K 203/22, Rev. BFH: X R 17/23; BMF-Schreiben vom 15.6.2022, IV C 6 - S 2139-b/21/10001 :001; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 2.5.2023, 10 K 1873/22, Rev. BFH: III R 38/23