Wachsen Baumwurzeln auf das Grundstück des Nachbarn herüber und beeinträchtigen dadurch die Nutzbarkeit des Grundstücks, darf der Nachbar diese Wurzeln im Wege der Selbsthilfe auch dann beseitigen, wenn dadurch das Absterben des Baums droht. Dies hat das Landgericht (LG) Frankenthal entschieden. Es hat dabei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu herüberwachsenden Zweigen auch auf Baumwurzeln angewendet.
Wegen einer unmittelbar an der Grundstückgrenze stehenden Fichte kam es 2019 vor dem Amtsgericht (AG) zu einem Nachbarschaftsstreit. Ein Mann wollte u. a. die gerichtliche Erlaubnis erhalten, Baumwurzeln beseitigen zu dürfen, die vom Nachbargrundstück auf sein Grundstück herüberwuchsen. Er argumentierte: Seine Nachbarn, ein Ehepaar, müssten das Abschneiden dulden, da die Nutzbarkeit seines Gartens (z.B. beim Rasenmähen) durch die aus der Erde herauswachsenden Wurzeln beeinträchtigt sei. Das Ehepaar wehrte sich gegen die Duldungspflicht, da das Zurückschneiden der Wurzeln ihrer Meinung nach den biologischen Tod der Fichte bedeuten würde. Das AG gab dem Mann in erster Instanz Recht.
Das LG hat dieses Urteil des AG insoweit bestätigt, als die Nachbarn den Rückschnitt der Wurzeln ihres Baums dulden müssen. Es betonte: Die Baumeigentümer müssen primär dafür sorgen, dass es nicht zu herüberwachsenden Wurzeln komme. Wenn diese ihrer Pflicht zum Rückschnitt nicht nachkämen, könne der Nachbar unter Beachtung naturschutzrechtlicher Vorgaben selbst zur Tat schreiten und im Wege der Selbsthilfe die auf seinem Grundstück befindlichen Wurzeln beseitigen.
Hierbei, so das LG, sei nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH auch nicht entscheidend, ob der Baum dadurch absterben könne. Denn das sog. Selbsthilferecht solle eine einfache Hilfe bieten und nicht auf Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit geprüft werden.
Die Baumeigentümer müssen nach dem Berufungsurteil jedoch nur die Beseitigung der Wurzeln akzeptieren, die den Nachbarn tatsächlich beeinträchtigen. Dies sei, so das LG, jedenfalls dann der Fall, wenn die Wurzeln beim Rasenmähen stören und es zu Beschädigungen am Rasenmäher kommen könne.
Das Urteil ist rechtskräftig, nachdem das LG die Revision zum BGH nicht zugelassen hat.
Quelle | LG Frankenthal, Urteil vom 11.8.2021, 2 S 132/20, PM vom 17.9.2021