Rechtsanwälte und Notar Dr. Lippmann, Hennigs & Coll. Hannover Laatzen

Dr. Lippmann, Hennigs & Coll.

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Der Umfang eines Geh- und Fahrrechts muss sich immer am Einzelfall orientieren und besteht unter Umständen nicht uneingeschränkt. Bei der Zufahrt zu einem Hinterliegergrundstück sind damit gewisse Beeinträchtigungen der Zufahrtsbreite hinzunehmen. Darauf hat das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) in einem Hinweisbeschluss aufmerksam gemacht. 


Das war geschehen

Ein Mann erwarb ein sog. „Hinterliegergrundstück“, das keinen eigenen Zugang zu einer öffentlichen Straße besitzt. Die Zufahrt zu dem Anwesen und den dazugehörigen fünf Garagen erfolgte ausschließlich über den Hof des benachbarten Grundstücks der Beklagten. Zur Absicherung des Zufahrtsrechts war im Grundbuch des Beklagtengrundstücks ein sog. „Geh- und Fahrrecht“ zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Hinterliegergrundstücks eingetragen. Das Hofgelände zwischen den Gebäuden war groß genug, um bequem in alle Garagen hinein- und herauszufahren. 

Dies änderte sich, als die Beklagten auf ihrem Teil des Hofgrundstücks für ihre Mieter zwei Pkw-Stellplätze entlang der Hauswand einrichteten. Waren die Stellplätze belegt, konnten die Garagennutzer nicht mehr wie gewohnt rangieren. Sie mussten gegebenenfalls rückwärts ein- oder ausfahren. Der Nachbar forderte deshalb die Beklagten auf, die Stellplätze zu entfernen und das Geh- und Fahrrecht wieder uneingeschränkt zu gewährleisten. Das in erster Instanz angerufene Landgericht (LG) wies die Klage ab, da die Garagen des Klägers weiterhin erreichbar waren und es nach Ansicht des LG keine Beeinträchtigung des Geh- und Fahrrechts gab. 

Oberlandesgericht: Im Grundbruch eingetragenes Recht nicht konkret

Auf die hiergegen gerichtete Berufung wies das OLG den Kläger in einem sog. Hinweisbeschluss darauf hin, dass es beabsichtigt, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Kläger nahm daraufhin die Berufung zurück. 

Zur Begründung führte das OLG aus: Wenn – wie hier – ein eingetragenes Geh- und Fahrrecht im Grundbuch nicht näher konkretisiert ist, können auch andere Umstände herangezogen werden, um den Umfang des Geh- und Fahrrechts festzustellen. Hierzu sind z.B. die Gegebenheiten vor Ort und der Sinn und Zweck des Fahrrechts zu berücksichtigen. Die zwischen den Grundstücken liegende Hofdurchfahrt muss nach Ansicht des OLG jedenfalls breit genug sein, um mit einem üblichen Kraftfahrzeug in einer üblichen Bogenfahrt auch die hinterste der Garagen erreichen zu können. Da nach der Straßenverkehrszulassungsordnung (§ 32 StVZO) die höchstzulässige Breite von Kraftfahrzeugen allgemein 2,55 Meter beträgt, sollte die Zufahrtsbreite mindestens drei Meter betragen. In Höhe des Bogens zu den links gelegenen Garagen sollte die Zufahrt etwas breiter sein. Hier orientierte sich das OLG an der Garagenverordnung (§ 2 Abs. 3 GarVO Rheinland-Pfalz) und hielt eine Breite von mindestens fünf Metern für angemessen. Auch diese Vorgabe war nach den vorgelegten Lichtbildern erfüllt. Das OLG verwies zudem darauf, dass das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 1020 S. 1 BGB) den Berechtigten zur schonenden Ausübung der Grunddienstbarkeit verpflichtet. 

Pkw-Stellfläche ist Ausübung des Eigentumsrechts

In diesem Sinne hat es der Kläger hinzunehmen, dass die Beklagten ihr Eigentumsrecht ausüben und einen Teil ihres Grundstücks als Pkw-Stellfläche nutzen, sofern sein Zufahrtsrecht dadurch nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird. Die damit für ihn und die Garagennutzer verbundene nachteilige Veränderung muss er hinnehmen. 

Quelle | OLG Zweibrücken, Beschluss vom 18.7.2022, 7 U 150/20, PM vom 3.5.2022

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