Rechtsanwälte und Notar Dr. Lippmann, Hennigs & Coll. Hannover Laatzen

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Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat in drei Urteilen über Persönlichkeitsrechtsverletzungen von transsexuellen Frauen entschieden. Die Transfrauen waren jeweils gegen verschiedene Äußerungen auf sozialen Netzwerken oder in journalistischen Beiträgen vorgegangen. Das Gericht stellte klar: Eine Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor, wenn nach umfassender Würdigung unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes der Äußerung der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Transfrau gegenüber dem Recht auf Meinungsäußerung der Presse oder des Netzwerknutzers überwiegt. In seinen heutigen Entscheidungen hat das LG eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts teilweise verneint und teilweise bejaht. 


Grundsätzlicher Schutz gegeben, aber nicht gegen jede Äußerung

Das LG stellte klar, dass die geschlechtliche Identität Teil der zu achtenden Persönlichkeit eines Menschen sei. Jedoch sei nicht jede darauf bezogene, abwertende Äußerung per se unzulässig. 

„#DubistEinMann“

In diesem Verfahren hatte die Antragstellerin, eine transsexuelle Frau und Aktivistin für Trans-Rechte, auf Twitter um Unterstützung für das sog. Selbstbestimmungsgesetz geworben. Dazu veröffentlichte die Antragsgegnerin einen Kommentar mit dem Zusatz: „#DubistEinMann“. 

Den Eilantrag der Antragstellerin gegen diesen Kommentar hat das LG zurückgewiesen. Es erkannte darin eine Meinungsäußerung, weil der wertende Charakter im Vordergrund stehe. Eine ablehnende, polarisierende Haltung zum Einsatz für das Selbstbestimmungsgesetz und zur Transgeschlechtlichkeit im Allgemeinen werde daraus deutlich. „#DubistEinMann“ beinhalte aber weder eine Schmähkritik noch eine Beleidigung. Bei der Abwägung der Meinungsfreiheit der Nutzerin gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin sei zu berücksichtigen, dass der Kommentar im Kontext der gesellschaftlichen Auseinandersetzung über den Entwurf für ein sog. Selbstbestimmungsgesetz erfolgt sei. Das Hashtag-Zeichen verdeutliche das, denn es werde auf Twitter verwendet, um unter einem Schlagwort Diskussionen zu eröffnen. „#DubistEinMann“ sei auch bereits zuvor auf Twitter genutzt worden. Obwohl das Wort „du“ die betroffenen transsexuellen Personen in besonders herausfordernder Form personalisiere, beziehe es sich hier nicht auf eine bestimmte, individuelle Person. Die Verwendung dieses Hashtags sei eine zulässige Meinungsäußerung im Rahmen der öffentlichen Diskussion. 

„Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein“

Die transsexuelle Antragstellerin dieses Verfahrens trägt im Personenstandsregister den Eintrag „weiblich“ und lebt seit 40 Jahren als Frau. Sie war gerichtlich gegen eine Äußerung des Antragsgegners vorgegangen, hatte jedoch später auf etwaige Unterlassungsansprüche verzichtet. Daraufhin veröffentlichte dieser auf seinem Blog einen Artikel mit der Überschrift „Versuchte Abmahnung gegen Ansage: Totalitär tickende Transe zieht den Schwanz ein.“ 

Dem Eilantrag auf Unterlassung dieser Äußerung hatte das LG im April 2023 entsprochen. Ein dagegen gerichteter Widerspruch des Antragsgegners blieb ohne Erfolg. Das Gericht erklärte: Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Antragstellerin liege vor, wenngleich auch hier die Grenze der Schmähkritik noch nicht überschritten worden sei. Der Begriff „Transe“ sei umgangssprachlich abwertend und kein bloßes – vermeintlich neutrales – Kurzwort für eine transsexuelle Person. Die herabwürdigende Intention der Äußerung werde durch das Attribut „totalitär tickend“ verstärkt. Die Aussagekomponente „zieht den Schwanz ein“ stelle außerdem unmissverständlich eine Assoziation zum männlichen Geschlechtsteil her und richte den Fokus auf die Frage seines (Nicht-)Vorhandenseins bei der Klägerin. Diese Hervorhebung habe keinen Sachbezug zu der vorangegangenen rechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Bei einer Gesamtwürdigung sei die Äußerung unzulässig. 

„Transfrau (…) biologischer Mann (…) über 60-jähriger Mann“

Zwischen der Antragstellerin dieses Verfahrens und der transsexuellen Frau des zuvor genannten Rechtstreits besteht Personenidentität. Es ist bekannt, dass sie seit 40 Jahren als Frau lebt, ausschließlich einen weiblichen Vornamen nutzt, sich als Frau identifiziert und als solche angesprochen werden möchte. Auf dem Onlineportal der Antragsgegnerseite wurde im Februar 2023 ein Artikel veröffentlicht, in dem kritisiert wurde, dass eine gemeinnützige Stiftung die Antragstellerin in einem Rechtsstreit gegen eine junge Biologin finanziell unterstützt hatte. Diese hatte geäußert, es gebe biologisch (nur) zwei Geschlechter. In dem Artikel wurde die Antragstellerin zunächst als „Transfrau“ bezeichnet, später als „biologischer Mann“ und schlussendlich als „über 60-jähriger Mann, der (…) maßgeblich an dem Frauenhass beteiligt ist“, dem die Biologin seit Monaten ausgesetzt sei. 

Einem Eilantrag der Antragstellerin, sie nicht, wie in diesem Artikel geschehen, als „Mann“ zu bezeichnen, hatte das LG im März 2023 stattgegeben. Diese Entscheidung hat das Gericht nun bestätigt. Es stellte klar: Im Rahmen der freien Rede sei eine scharfe, aggressive Sprache prinzipiell erlaubt. Auch sei sowohl eine Kritik an der Antragstellerin als auch an der finanziellen Unterstützung durch die gemeinnützige Stiftung zulässig. Die hier angegriffene Äußerung „über 60-jähriger Mann“ könne im Gesamtkontext aber nicht als bloße neutrale Feststellung des biologischen Geschlechts der Antragstellerin verstanden werden. Die Wortwahl sei vielmehr ein bewusstes Stilmittel, um einen plakativen Kontrast zu der jungen, weiblichen Biologin herzustellen und die klagende Transfrau als frauenhassenden Mann zu beschreiben – dies, obwohl die Antragstellerin seit 40 Jahren erkennbar als Frau lebe. Im Gesamtkontext der getätigten Äußerung sei die Bezeichnung als „Mann“ daher bewusst verunglimpfend und persönlichkeitsrechtsverletzend. 

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Gegen sie kann Berufung bei dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main eingelegt werden. 

Quelle  LG Frankfurt am Main, Urteile vom 6.7.2023, 2-03 O 228/23, 2-03 O 204/23 und 2-03 O 149/23, PM vom 6.7.2023

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