Rechtsanwälte und Notar Dr. Lippmann, Hennigs & Coll. Hannover Laatzen

Dr. Lippmann, Hennigs & Coll.

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Studierende, die den für weitere Leistungen nach dem BAföG über das vierte Fachsemester hinaus erforderlichen Nachweis über den üblichen Leistungsstand nicht erbringen, können ausnahmsweise dennoch Anspruch auf Ausbildungsförderung haben. Dann muss aber das Nichtbestehen von Leistungsanforderungen erstmals zu einer aus studienorganisatorischen Gründen zwingenden Wiederholung von Semestern führen. Dabei kommt es auf die Anzahl der nicht erbrachten Leistungsnachweise nicht an, die Ursache für die Verlängerung des Studiums sind. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. 


Leistungsnachweise nicht erbracht

Die Klägerin ist Studentin der Pharmazie. Nachdem sie den erforderlichen Nachweis über die üblichen Studienleistungen („Scheine“) bis zum Abschluss des vierten Fachsemesters nicht vorlegen konnte, beantragte sie beim beklagten Studierendenwerk vergeblich, die Förderung fortzusetzen. Die von der Klägerin daraufhin erhobene Klage auf Weiterförderung im fünften und sechsten Fachsemester hat das Verwaltungsgericht (VG) abgewiesen. Grund: Eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer komme nur bei einem einmaligen Leistungsversagen in Betracht. Die Klägerin habe jedoch in den ersten beiden Semestern zwei Leistungsnachweise nicht erbracht, die für die Teilnahme an Veranstaltungen in den beiden Folgesemestern erforderlich waren und sie daran hinderten, weitere Leistungsnachweise zu erbringen. 

Grundsatz und Ausnahme

Vor dem BVerwG hatte die Klägerin jedoch Erfolg. Zwar ist die Weitergewährung von Ausbildungsförderung ausgeschlossen, wenn Studierende eine Zwischenprüfung nicht bestehen oder – wie hier – die bis zum vierten Fachsemester üblichen Leistungen nicht erbringen. Ausnahmsweise ist aber die Frist zur Vorlage der Leistungsnachweise zu verlängern und weiter Ausbildungsförderung zu gewähren, wenn voraussichtlich eine Überschreitung der Förderungshöchstdauer zu bewilligen sein wird. Dies ist nach dem Gesetz anzunehmen, wenn ein schwerwiegender Grund für die Überschreitung vorliegt. Ein solcher Grund ist schon von der bisherigen Rechtsprechung des BVerwG insbesondere angenommen worden, wenn Studierende erstmals eine Zwischenprüfung nicht bestehen und deshalb an der planmäßigen Fortsetzung des Studiums gehindert sind. Sie sollen im Fall des Nichtbestehens der bis zum vierten Semester erforderlichen Leistungsanforderungen, das zu einer erstmaligen Verzögerung des Studiums führt, eine zweite Chance erhalten, den Leistungsrückstand in angemessener Zeit durch Ablegung der entsprechenden Prüfungen aufzuholen. Diese gesetzliche Wertung greift auch, wenn die Nichterbringung sonstiger Leistungsnachweise dazu führt, dass eine planmäßige Fortsetzung des Studiums in einem höheren Semester nicht möglich ist, weil zunächst nicht bestandene Studienleistungen wiederholt werden müssen.

Das ist entscheidend

Dabei kommt es nicht darauf an, ob nur ein Leistungsversagen für die Verzögerung ursächlich ist oder ob mehrere nicht bestandene Leistungsnachweise im Zusammenwirken diese Folge auslösen. Entscheidend ist allein, ob es Studierenden aus studienorganisatorischen Gründen erstmalig objektiv unmöglich ist, die fehlenden Leistungen ohne eine sich auf die Förderungshöchstdauer auswirkende Verzögerung des Studiums zu erbringen. Dies ist hier der Fall gewesen, was zu einer Verlängerung des Grundstudiums der Klägerin um zwei Semester führt, für die Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren war. 

Quelle | BVerwG, Urteil vom 3.3.2023, 5 C 6.21, PM 17/23

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