Rechtsanwälte und Notar Dr. Lippmann, Hennigs & Coll. Hannover Laatzen

Dr. Lippmann, Hennigs & Coll.

Rechtsanwälte & Notar

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden: Die Ausbildung zum Rettungshelfer ist eine Berufsausbildung im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 9 Abs. 6 EStG alte Fassung). Die Aufwendungen für eine nachfolgende Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer sind daher als (vorweggenommene) Werbungskosten abziehbar. 


Hintergrund: Nach § 9 Abs. 6 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium nur dann Werbungskosten, wenn dieser zuvor bereits eine Erstausbildung – Berufsausbildung oder Studium – abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Scheidet ein Abzug als Werbungskosten aus, bleibt nur der beschränkte Sonderausgabenabzug bis zu 6.000 Euro im Kalenderjahr. 

Beachten Sie  Da während des Studiums keine bzw. nur geringe Einnahmen erzielt werden, führen Werbungskosten regelmäßig zu einem vortragsfähigen Verlust, der in den Jahren der Berufsausübung steuermindernd wirkt. Hingegen bleiben Sonderausgaben bei fehlenden Einkünften in demselben Jahr wirkungslos, da hier keine jahresübergreifende Verrechnung möglich ist. 

Das war geschehen

Ein Steuerpflichtiger nahm vom 9.7.2007 bis zum 24.8.2007 im Rahmen seines Zivildienstes bei einer Feuer- und Rettungswache an einem Lehrgang zur Erlangung der Qualifikation als Rettungshelfer teil. Der Lehrgang umfasste insgesamt 320 Stunden. Der Steuerpflichtige erlangte hierdurch die Qualifikation als Rettungshelfer. 

Von Januar 2009 bis Oktober 2010 absolvierte der Steuerpflichtige dann eine Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer. Hierfür machte er in seinen Steuererklärungen Kosten von 79.589 Euro (2009) bzw. 7.913 Euro (2010) als vorweggenommene Werbungskosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen aber nur in Höhe von jeweils 4.000 Euro (aktuelle Rechtslage: 6.000 Euro im Jahr) als Sonderausgaben. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH hob das Urteil der Vorinstanz nun aber auf.

Bundesfinanzhof: Berufsausbildung war nach alter Rechtslage vorhanden

Das Abzugsverbot des § 9 Abs. 6 EStG für die geltend gemachten Berufsausbildungskosten zum Verkehrsflugzeugführer greift hier nicht, weil der Steuerpflichtige vor Beginn seiner Berufsausbildung zum Verkehrsflugzeugführer bereits eine erstmalige Berufsausbildung zum Rettungshelfer abgeschlossen hatte. 

In den Streitjahren setzte eine Berufsausbildung nach § 9 Abs. 6 EStG weder voraus, dass sie in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz stattfindet, noch, dass sie eine zeitliche Mindestausbildungsdauer aufweist. 

Die Ausbildung zum Rettungshelfer vermittelte dem Steuerpflichtigen die für die Ausübung dieses Berufs erforderlichen Grundlagen, die über die bloße Allgemeinbildung, wie sie z. B. Gegenstand eines Erste-Hilfe-Kurses sind, hinausgingen. Nach der abgeschlossenen Ausbildung war er befähigt, eine Vollerwerbstätigkeit als Rettungshelfer auszuüben und aus dieser entsprechende Einkünfte zu erzielen. 

Aktuelle Rechtslage: Mindestdauer von 12 Monaten

Nach der ab 2015 geltenden (geänderten) Regelung des § 9 Abs. 6 EStG liegt eine Berufsausbildung als Erstausbildung nur vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung und mit einer Abschlussprüfung durchgeführt wird. 

Eine geordnete Ausbildung liegt vor, wenn sie auf Basis von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften oder internen Vorschriften eines Bildungsträgers durchgeführt wird. Ist eine Abschlussprüfung nach dem Ausbildungsplan nicht vorgesehen, gilt die Ausbildung mit der tatsächlichen planmäßigen Beendigung als abgeschlossen. 

Beachten Sie  Eine Berufsausbildung als Erstausbildung hat auch abgeschlossen, wer die Abschlussprüfung einer durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften geregelten Berufsausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bestanden hat, ohne dass er zuvor die entsprechende Berufsausbildung durchlaufen hat. 

Quelle  BFH, Urteil vom 12.1.2023, VI R 41/20, Abruf-Nr. 234365 unter www.iww.de

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