Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat sich mit der häufig genutzten Formulierung „im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ in einem gemeinschaftlichen Testament befasst. Es hat dabei klargestellt, wie diese Formulierung rechtlich zu verstehen ist.
Mit handschriftlichem Testament testierten der Erblasser und seine vorverstorbene Ehefrau unter der Überschrift „Gemeinschaftliches Testament“ wie folgt: „Wir, die Eheleute ... , setzen uns gegenseitig, der Erstversterbende den Überlebenden, zum alleinigen Erben ein. Düsseldorf, den 26.3.2007“. Es folgte die Unterschrift der Ehefrau sowie die Unterschrift des Erblassers mit dem Zusatz „Dies soll auch mein Testament sein“. Darunter bestimmten die Eheleute zusätzlich Folgendes: „Im Falle eines gemeinsamen Ablebens setzen wir als Erben ein: ... 60 Prozent des Gesamtwertes: B. ..., ..., 40 Prozent des Gesamtwertes: K. ..., ...“. Es folgten die Unterschriften beider Eheleute mit Datumszusatz 26.3.2007. Bei den im Testament genannten Personen „K.“ und „B.“ handelt es sich um Nichten der Ehefrau.
Mit Erbscheinsantrag vom 17.8.2017 beantragten die Nichten, einen Erbschein zu erteilen, der „B.“ als Erbin zu 6/10, die „K.“ als Erbin zu 4/10 ausweist. Das Nachlassgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen und dies u. a. wie folgt begründet: Es lasse sich nicht mit Sicherheit ausschließen, dass der Erblasser und seine Ehefrau lediglich im Sinne einer sog. Katastrophenklausel hätten testieren wollen und der Erblasser es nach dem Tod seiner Ehefrau nicht für nötig gehalten habe, „K.“ und „B.“ zu Schlusserben einzusetzen. Der daraufhin erhobenen Beschwerde der Nichten hat das Nachlassgericht nicht abgeholfen.
Nach Vorlage an das OLG hatte die Beschwerde jedoch Erfolg. Im Hinblick auf die Frage, ob die Formulierung „im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ auch den hier gegebenen Fall erfasst, dass die Eheleute in größerem zeitlichem Abstand versterben, erscheine das Testament auslegungsbedürftig. Formulierungen, die auf ein „gleichzeitiges“ Versterben abstellen, erfassten zunächst Fallkonstellationen, in denen Eheleute zeitgleich versterben, also etwa aufgrund eines Unfalls.
Demgegenüber würden Formulierungen, die auf das beiderseitige Versterben abstellen, im Allgemeinen als zeitlich neutral erscheinen. Sie könnten unter Würdigung des gesamten Testamentsinhalts sowie der Beweggründe und Begleitumstände so auszulegen sein, dass sie auch das Versterben beider Eheleute ohne Rücksicht auf den zeitlichen Abstand erfassen. Gleiches habe im Hinblick auf die hier gewählte Formulierung „im Falle eines gemeinsamen Ablebens“ zu gelten. Denn diese Formulierung stellt gerade nicht auf ein gleichzeitiges Versterben ab, sondern kann ebenso gut im Sinne von „wenn wir beide verstorben sind“ verstanden werden, so das OLG. Anders als das Adjektiv „gleichzeitig“ enthalte „gemeinsam“ keine zeitliche Komponente. Nach allgemeinem Sprachverständnis habe „gemeinsam“ vielmehr die Bedeutung von „zusammen“, „miteinander“ oder „gemeinschaftlich“. Gemeint sein kann daher auch der „gemeinsame“ Zustand nach dem Versterben beider Ehegatten.
Quelle | OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28.4.2021, I-3 Wx 193/20, Abruf-Nr. 223280 unter www.iww.de